Wiener Philharmoniker Münze in Plastiketui

Ist der Goldpreis günstig oder teuer?

In der Naturwissenschaft wird das Verhalten in der Natur genau gemessen und analysiert. So lassen sich physikalische Gesetze feststellen und darauf basierend präzise Bewertungen und Voraussagen treffen. Eine solche Konstanz kann es im Bereich der Wirtschaft nicht geben, da sich die Umstände permanent verändern.

Die Volkswirtschaft einer Gesellschaft ist das Resultat menschlich handelnder Akteure. Der Wert eines Gutes oder einer Dienstleistung ist keine objektiv messbare Größe, sondern stets das Resultat eines subjektiven Bewertungsaktes. Der Wert eines Gutes ist deshalb immer subjektiv. Ein klassisches Beispiel: Ein Glas Wasser ist nach einer mehrtägigen Durststrecke durch die Wüste wahrscheinlich das wertvollste Gut auf der Welt. Nachdem der Durst gestillt ist, nimmt der so genannte Grenznutzen jedoch rasch ab. Das hundertste Glas Wasser ist kaum noch etwas wert. Genau dieses letzte Glas bestimmt den Wert. Daraus folgt, dass die objektive Berechnung eines „fairen Wertes“ für jedes Gut, also auch für Gold unmöglich ist.

Gold im Vergleich zum Realzins

Dennoch gibt es einige interessante Vergleiche um festzustellen, ob Gold im historischen Kontext relativ gesehen zu anderen Veranlagungen eher teuer oder günstig ist. Die Ausgangsüberlegung dabei ist, dass langfristig eine Rückkehr zum Mittelwert der relativen Wertentwicklung zweier Wertanlagen erwartet werden kann und extreme relative Bewertungen als Indikation für Über- oder Unterbewertungen herangezogen werden können.

Eine der wichtigsten Einflussfaktoren auf den Goldpreis ist das Realzinsniveau und dessen Tendenz. Als Realzins bezeichnet man den Zinssatz, welchen man nach Abzug des Kaufkraftverlustes (= Teuerung) für eine Veranlagung erhalten kann. Man vergleicht also den (unverzinsten) Goldpreis mit einer fest verzinsten Anlage. Wenn die Inflationsrate höher als der Zinssatz der Veranlagung ist, spricht man von negativen Realzinsen

Als Faustregel kann man beobachten, dass niedrige bzw. fallende Realzinsen sich tendenziell positiv auf den Goldpreis auswirken, während hohe bzw. steigende Realzinsen ein negatives Umfeld für Gold bedeuten. Dies liegt daran, dass die Realzinsen die Opportunitätskosten für eine Goldveranlagung darstellen. Diese These lässt sich auch empirisch nachweisen. Während der 20-jährigen Goldbaisse der 1980er und 90er Jahre lag das Realzinsniveau bei durchschnittlich 4%. Es waren also bei einer Veranlagung in fest verzinsliche Anlagen Renditen deutlich über der Inflationsrate zu lukrieren. Lediglich in etwa 6% aller Monate waren die Realzinsen im negativen Terrain. Ganz anders jedoch die Lage in den 70er Jahren. Hier lag der Realzins in 54% der Monate im negativen Bereich. Seit 2000 ist der Realzins ebenfalls mehrheitlich negativ, was ein vorteilhaftes Umfeld für Gold bedeutet.

Seit 2000 sinken die Realzinsen und sind seit geraumer Zeit negativ, was ein vorteilhaftes Umfeld für Gold bedeutet. Und im Augenblick deutet so gut wie alles darauf hin, dass die Realzinsen bis auf Weiteres negativ bleiben werden.

Goldbarren Stapel
Gold im Vergleich zu Aktien

Auch ein Vergleich mit Produktivgütern wie z.B. Aktien ist mitunter für Goldanleger interessant. Das Verhältnis zwischen Dow Jones Index und Gold drückt aus, wie viele Unzen Gold benötigt werden, um jeweils eine Aktie des Dow Jones Industrial Index zu kaufen. Bei einem Indexstand des Dow-Jones von aktuell (05/2021) fast 35.000 und einem Goldpreis/Unze von 1.900 USD ergibt sich ein Verhältnis von 18,4. Das heißt, man benötigt 18,4 Unzen Gold, um „eine Einheit“ des Dow-Jones-Index bzw. jeweils eine der darin enthaltenen 30 Aktien zu kaufen. Aus historischer Sicht war der Dow-Jones-Index immer dann unterbewertet, sobald das Verhältnis unter 5 fiel. Dies war zuletzt im Zuge des Crashs im Oktober 1987 der Fall. Seinerzeit sackte das Verhältnis auf ca. 3,5 ab. Anschließend entwickelten sich der Dow Jones-Index und der Goldpreis diametral. Während der Goldmarkt in den folgenden Jahren seine langfristige Baisse fortsetzte, stieg der Dow Jones rasant an. Das Verhältnis erreichte schließlich im August 1999 sein Allzeithoch mit über 40.

Im vergangenen Jahrhundert lag im Zusammenhang mit extremen Finanzmarktverwerfungen zwei Mal ein Verhältnis von etwa 1 vor. Zuletzt war dies am Ende der stagflationären 1970er Jahre der Fall, als der  Dow Jones bei etwa 900 Punkten notierte und eine Unze Gold USD 850 kostete. Auch nach dem großen Börsencrash im Jahre 1929 lag eine Parität zwischen Gold und dem Dow Jones Index vor. Seit dem Zusammenbruch des Bretton-Woods-Abkommens 1971 lag der Durchschnitt bei 13,7, und damit unter dem aktuellen Niveau. Das bedeutet, dass Gold im Vergleich zu Aktien im historischen Vergleich derzeit unter- und die Aktien überbewertet sind.

Der Vergleich von Gold mit festverzinslichen Anlagen und Aktien kann für eine grobe Einschätzung der relativen Bewertung von Gold gegenüber anderen Anlageklassen hilfreich sein. Allerdings sollte ein Anleger, der sich für eine Goldanlage interessiert, bedenken: Gold eignet sich speziell als langfristige Wertanlage und sollte daher nicht kurzfristig bewertet und spekulativ gehandelt werden.

Goldbarren-Stapel mehrere Industriebarren Seitenansicht