Die zweite Münze der Serie „Heimat großer Töchter“ ist Veza Canetti (1897 bis 1963) gewidmet, einer Autorin der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts, die erst an dessen Ende gewürdigt wurde.
Die Unsichtbare
Zu Beginn der 1930er-Jahre in der Wiener Kulturszene angesehener als ihr Ehemann, der spätere Nobelpreisträger für Literatur, Elias Canetti. Ab den 1990er-Jahren eine vielrezipierte Schriftstellerin. Aber was widerfuhr Veza Canetti in den Jahrzehnten dazwischen?
Nach dem Anschluss Österreichs an Nazideutschland im Jahr 1938 flüchtete das Ehepaar Canetti nach Großbritannien ins Exil. Dort führte es lange Zeit eine prekäre Existenz. Neben ihren Jobs schrieb Veza Canetti weiterhin Prosa. Aber eine Karriere als Schriftstellerin glückte nicht.
Als Zuarbeiterin und künstlerische Beraterin ihres Mannes werkte sie im Verborgenen. Sie war auf die Rolle des unsichtbaren guten Geists beschränkt. Viel später machte Elias Canetti über die Entstehungsgeschichte von „Masse und Macht“ folgende Angabe: „Vezas geistiger Anteil daran ist so groß wie meiner. Es gibt keine Silbe darin, die wir nicht zusammen bedacht und besprochen haben.“ So kann Veza Canetti als unbelohnte Co-Verfasserin dieses philosophischen Werks angesehen werden.
Als dann Elias Canetti zu Weltruhm kam, übrigens erst nach Vezas Tod im Jahr 1963, wurde es ganz still um das Werk seiner Frau. Als ihr eigenes Schaffen dann (wieder)entdeckt wurde – davor mussten erst ihre vielsagenden Pseudonyme entschlüsselt werden: Veza Magd, Martha Murner und Veronika Knecht –, wurde sie als bedeutende Autorin erkannt.
Was und wie schrieb Veza Canetti? Ihr Roman Die gelbe Straße etwa spielt in der Ferdinandstraße in Wien-Leopoldstadt, der Straße der Lederhändler und kleinen Leute. 1989 verfasste Elias Canetti ein Vorwort: „Heute, zu meiner Freude, sehe ich, dass es Kenner gibt, die diesem Buch Gerechtigkeit widerfahren lassen. Wer jene Zeit vor sechzig Jahren in Wien erlebt hat, findet sich wieder in ihr wie in keinem anderen Buche. Daß schwere Dinge sich so leicht und schwebend sagen lassen, daß sie dadurch dringlicher werden, ist eine Überraschung. Ich möchte es die ‚seitliche‘ Methode nennen, die das Wichtige in scheinbarer Eile streift, ohne es ganz auszusprechen. Sie streift es aber so geschickt, daß man’s ohne es zu merken, mitnimmt.“
Was der unter dem Namen Venetiana Taubner-Calderon 1897 in Wien Geborenen jahrzehntelang nicht vergönnt war, geschah ihr posthum am Ende des 20. Jahrhunderts: Sie wurde gelesen.
Die Münzbilder
Die Wertseite zeigt Veza Canetti in einer Profilansicht. Die andere Seite bietet fiktive Porträts von ihr und ihrem Ehemann Elias Canetti, wobei sie quasi im Schatten des Literaturnobelpreisträgers steht. Ihr Konterfei ist umgeben von Textausschnitten aus Die gelbe Straße und Geduld bringt Rosen.
Artikelnummer | 26789 |
Ausgabetag | 17. Januar 2024 |
Qualität | Polierte Platte/Proof |
Serie | Heimat großer Töchter |
Nennwert | 50 Euro |
Durchmesser | 22,00 mm |
Graveure | Mag. Helmut Andexlinger, Kathrin Kuntner |
Legierung | Gold Au 986 |
Feingewicht | 7,78 g / 0,25 oz |
Gesamtgewicht | 7,89 g |
Lieferumfang | Im Etui mit nummeriertem Zertifikat und Schuber |
Auflage (Polierte Platte) | 20.000 |